Montagskino: Nachbar:innenschaft
Eintritt frei
Mit Anmeldung
Einlass 18 Uhr, Beginn 19 Uhr
WerkStadt
Viktoriastraße 5
45327 Essen
Einmal im Monat nimmt uns das Montagskino mit auf einen filmischen Streifzug durch urbane Lebensräume von Essen bis Istanbul – im Taxi, in der Straßenbahn, von Nord nach Süd, in verschwundene Viertel und direkt nach nebenan. Die Filme drehen sich um Fragen des Zusammenlebens in der Stadt. Es geht um nachbarschaftliche Verhältnisse und wie diese auf den Prüfstand gestellt werden, wenn sich politische oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern. Kritisch und humorvoll beschäftigen sie sich mit Gentrifikation, sozialen Unterschieden und Vorurteilen und zeichnen ein vielschichtiges Portrait der Menschen in ihrer Stadt.
Anmeldung zu allen Kinoabenden über: werkstadt@pact-zollverein.de
#1 Taxi Teheran, Regie: Jafar Panahi, 2015, 82 min, in deutscher Sprache
MO 06.02.23 19 Uhr
Ein Taxi fährt durch die lebhaften Straßen Teherans. Die wechselnden Fahrgäste erzählen freimütig, was sie umtreibt: ein Filmschmuggler vertickt die neueste Staffel von THE WALKING DEAD und Filme von Woody Allen, zwei alte Frauen wollen Goldfische in einer Quelle aussetzen und ein kleines Mädchen erklärt ihren Anspruch auf Frappuccino und ihre Nöte beim Verwirklichen eines Kurzfilmprojekts für die Schule. Am Steuer sitzt der Regisseur selbst, der 2010 wegen »Propaganda gegen das System« zu einem 20-jährigen Berufsverbot verurteilt wurde, und nun geheimnisvoll lächelnd einen neuen Film kreiert. Denn eine auf dem Armaturenbrett versteckte Kamera hält alles fest.
Mit viel Herz und Humor zeichnet Jafar Panahi ein liebevolles Porträt der Menschen in seiner Heimat und schafft damit einen hoffnungsvollen Kontrast zu den üblichen negativen Nachrichtenmeldungen. Dabei verbindet er mit Leichtigkeit Gesellschaftskritik und Komödie und denkt nebenbei geschickt über die Möglichkeiten des Kinos nach. Der Gewinner des Goldenen Bären 2015 ist intelligent und unterhaltsam zugleich und zeigt, was Kino selbst unter ärgsten Restriktionen zu sein vermag.
#2 Essen zu durchqueren, Autor: Robert Hartmann, 1983, 30 min, in deutscher Sprache
MO 06.03.23 19 Uhr
Anschließender Talk mit Willi Overbeck, einem der Protagonisten aus dem Film und weiteren Akteur:innen aus der Stadtmacher:innenszene.
»Umstrittenes Stadtporträt: Ganz Essen protestiert gegen einen Fernsehfilm. AUFRUHR IM REVIER« So lautetet die Überschrift zu einem Artikel in der DIE ZEIT vom 18.11.1983. Der Autor des Films, Robert Hartmann lässt seinen Film im noblen Essen Bredeney beginnen und verfolgt dann während einer Fahrt mit der Straßenbahnlinie 101 die Sozialstruktur der Ruhrgebietsmetropole vom Süden in den Norden. Entlang der Strecke spricht der Autor mit Menschen und fängt so ein Stimmungsbild der Stadt ein und der unterschiedlichen Welten die in ihr existieren. »Nirgendwo wird das soziale Gefälle deutlicher als auf dieser Fahrt, die man heute so nicht mehr machen könnte, da es diese Straßenbahnlinie nicht mehr gibt« so Hartmann in einem Kommentar zu seinem Film. Über das, was seither verändert hat und wo Herausforderungen nach wie vor bestehen, kommen wir im Anschluss an den Film ins Gespräch mit Willi Overbeck.
#3 Nachbarn, Regie: Mano Khalil, 2021, 130 min, OmU
MO 03.04.23 19 Uhr
Den Film zeigen wir in der WERKSTADT in Kooperation mit dem Verein YEKMAL e.V.
Ein kleines Dorf vor 40 Jahren an der syrisch-türkischen Grenze – der kleine Sero erlebt sein erstes Schuljahr, spielt Streiche mit seinen Freunden und träumt von einem Fernseher, damit er endlich Cartoons schauen kann. Am Sabbat darf er die Lichter seiner jüdischen Nachbarn anzünden, mit denen seine Familie eine enge Freundschaft verbindet. Gleichzeitig muss er erleben, wie die Erwachsenen immer mehr von nationalistischer Willkür und Gewalt erdrückt werden.
Mit feinem Sinn für Humor und Satire zeichnet Regisseur Mano Khalil (›Der Imker‹, ›Die Schwalbe‹) in seinem neuen Film das Bild einer Kindheit unter der Assad-Diktatur mit traurigen und leichten Momenten.
Der Film ist inspiriert von seinen persönlichen Kindheitserlebnissen und spannt die berührende Erzählung bis in die syrische Tragödie der Gegenwart.
#4 Mein Haus stand in Sulukule, Regie: Astrid Heubrandtner, 2010, 94 min, OmU
MO 08.05.23 19 Uhr
Sulukule, das einstige Roma-Viertel Istanbuls, ist dem Untergang geweiht. Das Viertel soll Platz machen für Luxuswohnungen und so müssen die Roma weichen.
Sulukule, ein Stadtteil in Istanbul, gilt als die älteste Romasiedlung der Welt. Die Bewohner:innen verdienten ihr Geld mit Musik und Tanz in sowohl bei Türk:innen als auch Tourist:innen beliebten Vergnügungsstätten. Als jedoch die Stadtverwaltung deren Schließung durchsetzt, verelendet der Stadtteil zusehends. 2005 wird mit der Umsetzung eines Stadterneuerungsprojektes begonnen: Die Verwaltung von Istanbul will alle Häuser vollständig abreißen und größere, teurere Luxusapartments bauen. Das Viertel soll sicherer werden. Die ansässigen Roma sollen ausgesiedelt werden, die geplanten Villen können sie sich ohnehin nicht leisten. Ersatzwohnungen werden ihnen im 2,5 Stunden entfernten Tasoluk angeboten, doch dort gibt es weder Arbeit, noch sind sie willkommen.
Das soziale Netzwerk der Roma in Istanbul läuft Gefahr, verloren zu gehen und ihre über Jahrhunderte gewachsene Kultur in Sulukule droht zu verschwinden. Der Film dokumentiert Gentrifikation anhand des Beispiels von Sulukule, eine Tendenz in der Weltrealität, in der Einzelschicksale gnadenlos und ohne Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen dem Profitdenken des mächtigen Kapitals untergeordnet werden.
#5 In Katernberg, Film: Zauri Matikashvili, 2022, 23min
MO 19.06.23, 19 Uhr
Das Thema »Wohnen als Migrant:in« beschäftigt den Künstler und Filmemacher Zauri Matikashvili schon seit geraumer Zeit. Während seiner Residenz bei PACT hat er die Menschen im umliegenden Stadtteil portraitiert.
Viele Menschen im Essener Stadtteil Katernberg erleben Rassismus. Sie werden bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder in der Schule diskriminiert. Schon ein ausländisch klingender Nachname kann ausreichen, um als kriminell abgestempelt zu werden. Dennoch gelingt es Menschen mit Migrationshintergrund oft, den Essener Norden zu ihrer Heimat zu machen. Sie erzählen von ihren Familiengeschichten und vom Leben in einem ehemaligen Bergbaugebiet, das sich rasant verändert.
In deutscher Sprache mit englischen Untertiteln
Zauri Matikashvili wird im Anschluss an den Film zu einem Gespräch in der WerkStadt anwesend sein.